Nein, ich lebe nicht in einer Wolke aus rosarotem Glitzerstaub. Und nein, ich muss auch nicht noch "erwachsen werden", um das Leben in seiner Härte zu verstehen. Und ja, natürlich wurde ich schon enttäuscht – wer nicht? Selbstverständlich habe ich Fehler gemacht – und das nicht zu knapp! Oft wurden mir Durchhalteparolen zugeworfen: „Nur die Harten kommen in den Garten“ oder „Was dich nicht umbringt, macht dich härter!“.
Wenn man lange genug im Berufsleben ist, wird man irgendwann zu einem wandelnden Wikipedia der Enttäuschungen. „Habe ich schon gesehen, kenne ich, oh – das endet sicher im Fiasko!“ Man schaltet in den Vorsichtsmodus, immer auf der Lauer auf das nächste Problem, der nächsten bösen Absicht. Und unbemerkt ist es plötzlich da, dieses subtile Grundrauschen im Kopf: Misstrauen. Und mal ehrlich: Wer kann es uns verdenken? Die Welt hat uns gelehrt, dass man kaum so düster denken kann, wie die Realität es liefert. Aber macht das unsere Arbeitswelt zu einem guten Platz für Menschen? Ich denke nicht.
Ich finde, es ist höchste Zeit für einen Paradigmenwechsel: Wir brauchen die RENATURIERUNG VON FÜHRUNG.
Ein Gedankenexperiment:
💭 Wie wäre es wenn wir – statt immer das Schlimmste anzunehmen – davon ausgehen, dass die Menschen, mit denen wir arbeiten, GUTE Gründe für ihr Verhalten haben? Was für ein Mindshift wäre das?
💭 Wie würden sich die Diskussionen verändern, wenn wir mit der Haltung an Gespräche herangehen: „Du hast sicher einen guten Grund dafür – auch wenn ich ihn noch nicht kenne!“
💭 Was würde passieren, wenn MitarbeiterInnen wüssten, dass ihre Entscheidungen nicht sofort unter Generalverdacht stehen, sondern dass man ihnen wohlwollend begegnet? Stell dir vor, welche Offenheit das erzeugen würde. Welche kreativen Lösungen sich daraus entwickeln könnten!
Die Frage nach dem „guten Grund“ schafft eine Basis für Verständnis, Verbindung und Vertrauen.
Natürlich heißt das nicht, dass wir naiv durchs Leben stapfen und alles blind akzeptieren. Aber vielleicht sollten wir von der Dauerkarte für den „Generalverdacht-Zug“ abspringen und stattdessen mit einem frischen Blick durchs Arbeitsleben gehen. Denn hinter jeder Entscheidung und Aussage steckt ein guter Grund – den wir nur noch nicht gesehen haben.
Gerade für junge Menschen und andere unterprivilegierte MitarbeiterInnengruppen, kann diese Haltung ein echter Gamechanger sein: Wenn sie Wohlwollen und Aufmerksamkeit spüren und dass man auf ihre guten Gründe vertraut, wächst nicht nur ihre Loyalität – es entfesselt Offenheit, Vertrauen und echte Beziehungen, die das Fundament für langfristige Verbindung bilden. Es lässt uns gemeinsam Lernen und Wachsen.
Probier es doch einfach aus: Beim nächsten Mal, wo du meinst, es gäbe eine „hidden agenda“, frag dich zusätzlich: Welchen GUTEN Grund könnte es für dieses Anliegen geben? Ich bin gespannt was passiert.
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